Lateinstunde im Garten April 2012


Die Römer brachten uns die Wörter für Küche, Pfanne, Kirsche und Senf. Sie lehrten das Einlegen von Gewürzen und Kräutern in Öl (Olivenöl), sowie die Herstellung von Kräutersalz als Würze. Karl der Große (8.Jahrhundert) nahm dann wohl den größten Einfluss auf unsere Nutz- und Heilpflanzenvielfalt, indem er die sogenannte „Verordnung über die Landgüter“ verfasste. Diese beinhaltete eine lateinisch geführte Liste von Kräutern, Gemüsesorten, Sträucher und Bäumen. Diese sollten nach einer festgelegten Pflanzanleitung in jedem Privat- und Klostergarten angepflanzt werden. Dieser Bauplan ist uns bis heute in Bauern- und Apothekergärten erhalten geblieben. Ferner gab es akribisch genaue Anleitungen zur Bevorratung und Zubereitung der Kräuter und Gemüse.

So kam die Bevölkerung mit der lateinischen Sprache in Berührung. Da allerdings nahezu 80 Prozent der Bevölkerung dem Bauernstand angehörte, konnte sie weder lesen noch schreiben, geschweige denn die lateinische Sprache verstehen. Für sie gab es keine Möglichkeit sich die Fülle von Informationen der Landgüterverordnung zu erarbeiten.

Also bedienten sie sich der ältesten Form der Kräuterkunde, indem sie ihre Sinne einsetzten, um so die Pflanzen kennenzulernen.

Aus SATUREJA wurde das Bohnenkraut. Sein Geruch erinnert an den Duft von grünen Bohnen und landete so im Kochtopf gleich neben diesem Gemüse. Schnell war klar, dass das Bohnenkraut wertvolle Inhaltsstoffe zur Verdauung von blähenden Speisen hat. Die Ähnlichkeit einiger Kräuter mit den menschlichen Organen wurde als Heilanzeige gesehen (Signaturenlehre des Paracelsus). Die PULMONIA OFFICINALIS erinnert mit ihren gepunkteten, ovalen Blättern an das Lungengewebe. Sie wurde also in Kreisen der einfachen Leute Lungenkraut getauft und erfolgreich für Husten eingesetzt. Da brauchte auch niemand die lateinische Bedeutung von PULMO = Lunge kennen. Der abstoßende Geruch von Rainfarn (TANACETUM VULGARE) ließ die Anwendung als Schädlingsvertreiber erahnen. Im Volksmund als Wurmkraut bezeichnet fand es reichlich Einsatz bei der Beseitigung von Parasiten, obwohl die Giftigkeit der Pflanze bestimmt auch Opfer forderte!  Die Katzenminze (NEPETA CATARIA) bekam wohl eher ihren Namen durch Beobachtung derselben. Ihre Blätter ähneln der Minze und ihr Duft wirkt auf Katzen sehr anziehend. Sie wälzen sich zu gern darin. Offenbar bewirkt der Nepetaduft bei Katzen die gleiche Begeisterung wie der Rosenduft für eine große Anzahl von Menschen. Die Römer verwendeten Rosenblätter großzügig in der Küche. Für uns spielt sie heute eine bedeutende Rolle in der Aromatherapie. Die Brennnessel warnt in ihrem Namen URTICA = brennen. Der Kontakt mit der Pflanze sagt es dann auch. Ihr urinartiger Geruch und die Vorliebe der Nessel auf jedem Misthaufen zu wachsen, brachte ihr den Ruf ein, von jedem „Mist“ (Schlacken, Harnsalze) im Körper zu befreien. Die Anwendungen bestätigten die hervorragende Stoffwechselanregung und Ausleitungsunterstützung für den „überdüngten“ Organismus.

 

Unser Geruchssinn lässt sich hervorragend einsetzen, um bei essbaren Kräutern und Gewürzen die persönlichen Favoriten zu ermitteln. In der Regel mag man essen was der Nase schmeichelt. Das Currygewürz hilft dann der Leber und Minze dem verkrampften Verdauungssystem.  Es ist sogar wichtig dem Organismus die Küchenkräuter und Gewürze anzubieten, nach denen er verlangt. Oft wird damit eine gewisse Schwachstelle im Stoffwechsel ausgeglichen.

 

 

© Heidi Schröder